Fritz-Fuldner-Archiv

Familien-Chronik von Fritz Fuldner mit Gedichten und Fotos

Mein Dichten war, mein ganzes Wesen

Friedrich Karl August Fuldner

  • Geboren am 1. März 1860 in Heiligenstadt als Sohn des Rechtskonsulenten Friedrich Fuldner und seiner Ehefrau Berta, geborene Wunsch.
  • Gymnasien in Heiligenstadt und Mühlhausen.
  • Jura-Studium an den Universitäten in Heidelberg, Leipzig und Berlin.
  • Gerichtsreferendar in Stendal (Altmark), Ellrich, Nordhausen (Harz) und in Naumburg an der Saale.
  • Rechtsanwalt und Notar in Duderstadt ab 1891 und in Göttingen ab 1899.
  • Publikation von Gedichten, Novellen und Schauspielen unter dem Namen Fritz Fuldner seit 1893.
  • Heirat mit Martha Emuth aus Berlin am 12. November 1891.
  • Kinder: Erich (* 1892), Erna (* 1893), Martha (* 1896) und Clara (* 1899).
  • Gestorben am 15. Mai 1928 in Göttingen, Grabmal auf dem Stadtfriedhof Göttingen (Feld 54).
Weitere Informationen zu seinem Lebenslauf finden sich auf seiner Wikipedia-Seite.

Mein Dichten

Mein Dichten war, mein ganzes Wesen
Nur deines Glückes Dienertross,
Besorgt, in deinem Blick zu lesen
Die Wünsche, die Dein Herz verschloss.

Doch ach, du lerntest auch ertragen:
Manch' schlimmes Wort nahm ich zurück,
Und gütig selber im Versagen
Warst du mein Schutzgeist und mein Glück.

Warst meinen lodernden Gedanken
Des Friedens milder Dämmerschein,
In meines Lebens wilden Ranken
Die holde Trabe Freudenwein.

Die Nacht brach an, der Wein verglühte,
Mein rotes Glück ward blass und bleich.
Erinnerung vergangener Güte,
Wie machst das arme Herz du weich.

Die Portraits zeigen Fritz Fuldner in unterschiedlichem Lebensalter (beim ersten Foto ist nicht gesichert, ob es sich wirklich um Fritz Fuldner handelt oder vielleicht um seinen Bruder Carl Fuldner aus Kassel; die Aufnahme stammt aus Kassel):

         

Die Grabstelle der Familie Fuldner befindet sich auf dem Stadtfriedhof Göttingen (Feld 54). Die folgenden Fotos zeigen das Wohnhaus der Familie Fuldner in der Oberen Karspüle 31 in Göttingen (Aufnahme von 2018, Quelle: Wikipedia), sowie das Familiengrab der Familie Fuldner:

    

Emma Elisabeth Martha Emuth (Ehefrau)

  • Geboren am 16. März 1867 in Berlin.
  • Heirat mit Friedrich Fuldner am 12. November 1891 in Berlin, kirchliche Trauung in der Dorotheenstädischen Kirche, Feierlichkeiten im Hotel Norddeutscher Hof (Mohrenstraße 20).
  • Kinder: Erich (* 1892), Erna (* 1893), Martha (* 1896) und Clara (* 1899).
  • Gestorben am 21. März 1959 in Göttingen, Grabmal auf dem Stadtfriedhof Göttingen.
Glückliche Zeiten

Wer in der Heimat sich sein Haus erbaut,
Dem Heimatboden sein Geschick vertraut,
Hat gut gebaut. Ein unverpflanzter Baum
Steht festgewurzelt er auf sichrem Grunde.
Der Jugend Glück, der Kindheit goldner Traum,
Des Lebens Mittag und die Abendstunde
Des Lebens reichen friedlich sich die Hand.
Und wer zu Hause gar die Liebste fand,
Heimführend sie, wo sie sich schon begegnet
Als Kinder, wo von jedem Gartenzaun
Erinnerungen hold herniederschaun,
Den hat fürwahr die Heimat reich gesegnet.
Doch kenn' ich auch ein schönes Glück der andern,
Die fern der Heimat aufgebaut ihr Zelt:
Mit ihr, dem Kind der andern Heimatwelt,
Das traute Tal der Jugend zu durchwandern.
Sie kennt es schon: wie oft hat ihr dein Wort
Erzählt vom lieben fernen Heimatort.
Sie liebt es schon: denn was dein Herz erfüllt,
Ist auch für sie ein liebes Heimatbild.
Nun schauet sie gerührt an deiner Hand
Das Haus, wo ihres Liebsten Wiege stand.
Ach, alles scheint ihr hoch und schön und rein,
Ein Heiligtum, ein Stück von deinem Sein. -
Auch ich hab' einst in sonnenhellen Jahren,
In froher Zeit, solch junges Glück erfahren.
Denkst du des Tags, da ich zum ersten Mal
Dich junge Braut geführt in unser Tal?
Ein klein Verzagtsein galt's zu überwinden:
"Was werd' ich dort, wie werden sie mich finden?"
Doch Mutters Güte bannte deine Sorgen,
In ihrem Arme lagst du treu geborgen
Und lächeltest und sprachst: "O seid mir gut".
Die Schwestern kicherten: "Das liebe junge Blut,
Es scheut sich noch vor uns, den wilden Rangen,
Wir treiben ihm die Blässe aus den Wangen".
Und eine sprach: "Lieb Kindchen, hab' nur Mut".
Dann ging's zum Stübchen an der Mutter Hand,
Den Feeentempel hatten wir's genannt,
Für dich bereitet wie für eine Fee,
So silberblank und rein wie frischer Schnee,
Ein jungfräulich entzückend kleines Nest.
Das war der Liebe erstes Heimatfest. -
Denkst du der frohen Tage, die dann kamen,
Des sonnenklaren schönen Maientraums,
Da wir gemeinsam schnitten unsre Namen
In graue Rinde meines Lieblingsbaums?
Da einsam wir durch stille Wälder gingen,
Auf Burgentrümmern uns der Tag verschwand,
Und dir beglückt die Augen übergingen:
"Wie bin ich froh in deinem Heimatland".
Und dann ein nächstes Jahr. In künftgen Pflichten
Der Hausfrau sorgsam dich zu unterrichten,
Dem Städtchen nah des Bruders ländlich Haus.
Ich fern von dir und doch nicht allzu ferne,
Wie zog ich wandernd aus zu dir so gerne
Und ruhte bei dem lieben Liebchen aus. -
Wir wurden Mann und Weib. Es kam das Elternglück.
Wie wir uns auch des neuen Heims erfreuten,
Ein Festtag war's, wenn wir in Sommerzeiten
Zur alten Heimat pilgerten zurück.
Großmutterland. So nannten's unsre Kleinen,
Wie gerne sah Großmutter sie erscheinen.
Erich und Erna, Martha und klein Clärchen,
Wie haschten sie nach all den schönen Märchen,
Als wären's reife Nüsse. Doch ich glaube:
Ihr Liebstes war die weiße Rosenlaube
Im Garten hinterm Haus an alter, grauer,
Die Stadt noch' heut umgürtend hoher Mauer.
Großmutter sprach: - sie glaubte es wohl gar -
"Als euer Vater noch ein Knabe war,
Wollt' er nicht immer hören auf mein Wort,
Wenn's Arbeit gab im Garten, schlich er fort.
Die Brüder quälten sich an Beet und Zaun,
Er zog es vor, von weitem zuzuschau'n,
Gedichte machend, Wolkenbilder jagend,
Und sich nicht gern mit harter Arbeit plagend.
Unpraktisch war er, ja er war es sehr,
Kartoffeln pflanzen war nicht sein Begehr.
Die andern murrten, oft schalt ich ihn aus.
Doch eines Morgens zog er mich hinaus
Zum Garten: "Mutter, komm und sieh dir an,
Daß auch dein Ältster etwas leisten kann".
Und sieh, vom frühen Morgenlicht umschimmert,
Stand diese Laube da in ihrer Pracht.
Geheimnisvoll in einer einzgen Nacht
War sie von ihm erbaut und hergezimmert.
Wir staunten alle, stolz sprach er und kühn:
"Ihr pflanzt den Kohl, ich lasse Rosen blühn."
Er tat's. "Die Düfte, die euch heut umkosen,
Sie sind sein Werk, die Laube samt den Rosen."
Die Mutter sprach's, ich sprach nicht ja, nicht nein,
Doch da sie's sagte, wird es wahr wohl sein.
Sie blühn noch heut', die Rosen jener Tage,
Und duftig steht am grünen Waldeshage
Noch sommerlich der Erdbeern Purpurglut.
Denkt ihr daran, wie wir mit frohem Singen
Zum Erdbeersuchen auf die Berge gingen,
Und alles war so schön und war so gut?
Noch lag die Zeit nicht mit sich selbst im Streite,
Der holde Friede ging an unsrer Seite,
Noch war so vieles Glück nicht hart zerschellt.
Wir ahnten nichts von Krieges Leichenzuge,
Zufrieden ging der Landmann hinterm Pfluge
Und Friedensengel segneten die Welt. -
So durft' ich neue Freunde für dich werben
In Weib und Kind, geliebte Heimatflur,
Sie führend auf der alten Pfade Spur,
Die tiefe Liebe mit auf sie vererben,
Und wie du selbst mir immer treu geblieben,
Gabst du dein Glück auch denen, die mich lieben.
(Veröffentlicht in Heimatidylle, Kronbauer, Göttingen 1918.)

Meiner Frau (zur Silberhochzeit am 12. November 1916)

Wir sind gewandert ein gutes Stück,
Nun machen wir halt und schauen zurück.
Manch' liebes Plätzchen grüßt uns von fern,
Manch' blaue Blume, manch' goldner Stern.
Es war nicht immer nur Sonnenschein,
Es gab auch Tränen und Traurigsein.
Unser Leben war wie das Leben ist:
Neue Lust so gerne das Leid vergißt.
Und wechselten Sonne und Wolkengrau:
Du bist mir noch immer die liebe Frau.
Ich bin mit allem dem Drum und Dran
Noch immer dein Alter, dein lieber Mann. -
Ach, wäre nicht eines, so tönte uns heut'
Vergangenes wie friedliches Glockengeläut.
Es tönte von ferne wie liebliche Mär,
Wenn nicht das eine gekommen wär.
Wenn uns nicht fehlte, der froh uns gemacht,
An den wir denken bei Tag und bei Nacht. -
Wir waren gewöhnt nur an kleines Leid,
Nun kam die herbe, die bittre Zeit.
Soll's immer so bleiben ohn' Sonne, ohn' Licht?
Ich höre ihn sagen: "es soll es nicht.
Drei sind euch geblieben in Elternhut,
Drei Blumen sonnig und wohlgemut.
Sie stehn noch in froher Jugendzeit,
Und Jugend vergißt viel leichter das Leid.
So schauet auf sie und nicht immer zurück,
Einst kehrt euch wieder die Ruh und das Glück."
Die Ruh und das Glück. Du lieblicher Traum.
Wir wagen's zu hoffen, zu glauben kaum.
Und doch - sein Trösten soll nicht verwehn:
Es gibt noch ein Glück und ein Auferstehn.
Wir wollen es suchen durchs weite Land,
Einander es suchen uns Hand in Hand.
Wenn einst solcher Segen das Herz uns erfreut,
Dann tönt uns erst silbernes Hochzeitsgeläut.
Die Bilder zeigen Martha Fuldner, geb. Emuth:

    

Die Bilder zeigen das Ehepaar Fuldner zu verschiedenen Zeiten (das erste Bild ist im Jahr 1899 aufgenommen):

    

Die Bilder zeigen jeweils die vier Kinder der Familie Fuldner (Erna, Clara, Martha, Erich, dann Erna, Clara, Erich, Martha und Clara, Erna, Erich, Martha):

              

Das Foto ganz rechts wurde 1912 im Hintergarten des Fuldnerschen Hauses in der Oberen Karspüle in Göttingen aufgenommen.

Das folgende Bild zeigt Mitglieder der Familien Fuldner und Emuth im Jahr 1896, möglicherweise anläßlich der Taufe von Martha oder einer anderen Familienfeier:


In der zweiten Reihe von hinten von links: Fritz Fuldner mit einem unbekannten Jungen an der Schulter (möglicherwesie ein Sohn von Paul Emuth), rechts daneben seine Schwiegereltern Pauline Henriette Elisabeth Emuth (geb. Heinrich) und Johann Friedrich Emuth, rechts daneben deren Sohn Paul Friedrich Emuth. Die anderen Personen sind unbekannt, möglicherweise könnte die Frau vorne in der Mitte Bertha Fuldner (geb. Wunsch) sein, da sie die Taufpatin von Martha Fuldner war.

Das folgende Bild zeigt vermutlich Martha Emuth mit ihrer Schulkasse (zweite Reihe von unten, dritte Person von links):


Paul Johannes Erich Fuldner (Sohn)

Antokol

Ich seh' ein Tal in fernen, fernen Weiten,
Im Geiste seh' ichs vor mir alle Stunden,
Dort möchte meine Sehnsucht wohl gesunden,
Doch nie wird mich das Schiksal hingeleiten.

Vorüber an den dunklen Wäldern gleiten
Des Flusses klare Wellen vielgewunden,
In diesen Wäldern hat er Ruh gefunden,
Der mir der liebste war vor langer Zeiten.

Es stehn viel hundert Kreuze aufgerichtet
Auf Hügeln als die Zeugen blutger Tage
Im Dunkel, das sein milder Strahl durchlichtet.

Durch finstre Föhren rauscht des Windes Klage,
Die Kreuze schwanken, halb im Sturm vernichtet,
Und eines trägt den Namen, den ich trage.
(Veröffentlicht in Alternd Herz, Brunnsche Buchdruckerei Heiligenstadt 1925.)

    

Die Abbildung zeigt das im Gedicht erwähnte Kreuz auf dem Grab Erich Fuldners in Wilna (das erste Kreuz links in der dritten Reihe von unten) und die Todesnachricht in einer Heiligenstädter Zeitung:

Weitere Gedichte, die dem Andenken an Erich Fuldner gewidmet sind (gemäß einer Liste von Fritz Fuldner): Es klingt ein Lied vom Leide. Warum hast Du diese Welt verlassen? Das war mein Trost in dunklen Tagen. In meinem trauernden Herzen. Es ist ein irres Hoffen. Nun mag die Welt verschneien. Wenn der Mond aus Wolken tritt. Es ist der Tag, an dem Du ginst. Wer kann es wissen? Weihnachten 1916. Im Freundeshaus. Unter den Sternen. Waldgrotte. Genesung.

Die folgenden Bilder zeigen Erna und Erich Fuldner, bzw. Erich Fuldner also Jugendlichen und (vermutlich) Erich Fuldner als freiweillingen Krankenpfleger während des ersten Weltkrieges:

              

Erna Bertha Pauline Marie Fuldner (Tochter)

Die folgenden Bilder zeigen Mitglieder der Familien Fuldner und Wundram:

         

Das erste Foto von einem Ausflug aus dem Jahr 1919 zeigt von rechts als zweite Person Fritz Fuldner, gefolgt von Erna Wundram (geb. Fuldner), gefolgt vermutlich von Clara Fuldner, dann Karl Wundram und Martha Fuldner (geb. Emuth). Das zweite Foto stammt ca. aus dem Jahr 1920 und zeigt Martha Fuldner (geb. Emuth), Fritz Fuldner, vermutlich Clara Fuldner und Erna Wundram (geb. Fuldner). Das dritte Bild aus dem Jahr 1934 zeigt hinten von links Erna Wundram, Martha Fuldner, Karl Wundram und vorne von links Manfred und Wolfgang Wundram.

Das folgende Bild zeigt die Verlobungsanzeige von Erna Fuldner mit Karl Wundram, Erna Wundram mit ihren Schwiegerletern Wundram 1918, Erna Wundram mit ihren Kindern und ihrer Mutter und Erna Wundram in höherem Alter im Fenster ihres Hauses:

        

Das erste Foto zeigt von hinten rechts Erna Wundram, ihre Schwägerinnen Emmie Schütte (geb. Wundram) und Anna Wundram, davor von rechts ihren Schwiegervater Ernst Wilhelm Heinrich Wundram, vermutlich Theodor Schütte (den Sohn von Emmie Schütte) und Ernas Schwiegermutter Anna Luise Sophie Wundram (geb. Niemann). Das zweite Foto zeigt von links Erna Wundram, Wolfgang und Manfred Wundram, sowie Martha Fuldner.


Martha Bertha Friederike Fuldner (Tochter)

Die folgenden Bilder zeigen Mitglieder der Familien Fuldner und Lauenstein:

         

Das erste Bild aus dem Jahr 1933 zeigt in der Mitte hinten Martha Fuldner (geb. Emuth), davor ihre Tochter Martha Lauenstein (geb. Fuldner), rechts daneben deren Ehemann Hubert Lauenstein, rechts daneben Erna Wundram (geb. Fuldner); links neben Martha Lauensetin steht Dr. Emil Reicke, der wohl ein Bekannter oder Freund von Fritz Fuldner war; in der ersten Reihe von links Reinhard und Ingrid Lauenstein, Manfred und Wolfgang Wundram. Das zweite Bild aus dem Jahr 1931 zeigt links Erna Wundram (geb. Fuldner), mit Wolfgang und Manfred Wundram, daneben Martha Fuldner (geb. Emuth) und Martha Lauenstein (geb. Fuldner) mit Tochter Ingrid auf dem Arm. Das dritte Bild aus dem Jahr 1940 zeigt schließlich Martha Lauenstein (geb. Fuldner) mit Sohn Horst auf dem Arm.

Die ersten beiden folgenden Bilder zeigen Martha Lauenstein (geb. Fuldner) mit ihrem Vater Fritz Fuldner, das dritte Bild zeigt sie mit ihren Eltern und vermutlich ihrem Sohn Reinhard:

         

Gertrud Agnes Clara Fuldner (Tochter)

  • Geboren am 21. Januar 1899 in Duderstadt.
  • Heirat mit dem Rechtsanwalt Dr. Karl Brinkmann (1894-1940).
  • Kinder: Herbert (1931-2018), Hellmuth (1926-2020).
  • Gestorben am 15. April 1993 in Göttingen, beerdigt in Zeven.
Die folgenden Bilder zeigen das Paar Clara und Karl Brinkmann, dann ihre Hochzeit, dann eine Familienaufnahme anläßlich der Taufe des Sohnes Herberts am 11. Oktober 1931:

              

Dier Personen bei der Hochzeit sind in der vordersten Reihe von rechts: Karl Brinkmann, Clara Brinkmann, Wolfgang Wundram, Karl Wundram, dahinter Martha Lauenstein (geb. Fuldner) mit Ehemann und dahinter Martha Fuldner (geb. Emuth) mit Fritz Fuldner. Die Personen bei der Taufe sind vorne von links: unbekannt, Manfred Wundram, Erna Wundram (geb. Fuldner), Herbert Brinkmann (der Täufling), evtl. Hellmuth Brinkmann, Clara Brinkmann (geb. Fuldner), Wolfgang Wundram, in der Reihe dahinter von links die vierte Person Karl Wundram, Karl Brinkmann, unbekannt, Martha Fuldner (geb. Emuth).


Johann Friedrich Jacob Fuldner (Vater)

  • Geboren am 15. Oktober 1831 in Großtöpfer bei Heiligenstadt (also Sohn des Obergrenzcontroleurs Christoph Gottlieb Fuldner und seiner Ehefrau Anna Elisabeth Moneke).
  • Rechtskonsulent in Heiligenstadt.
  • Verheiratet mit Bertha Johanna Wunsch.
  • Kinder: Friedrich Karl August (Fritz) (* 1860), Carl (* 1862), Heinrich (* 1865), Franz (* 1869), Johanna Rosalie (* 1872), Bertha (* 1875), Wilhelm (* 1879).
  • Gestorben am 14. Februar 1917 in Heiligenstadt.
Im Vaterhause

Nun kommt auch euch wohl neue Zeit, ihr Lieder,
Da meiner Jugend Born auf's neu erquillt.
In meines Vaters Hause weil' ich wieder,
Um mich der Jugend altvertrautes Bild.
In diesem Lehnstuhl, den er selbst verlassen,
Sitz' ich, ein stummer Träumer. Draußen summt
Gemächlich leis wie einst der Ton der Gassen,
Der Turmuhr wohlbekannte Stimme brummt
Altväterlich ihr Lied, verträumt, versonnen,
Und drüben winkt, von Nebeln halb umsponnen,
Der Berg der Jugend und mein grüner Wald.
O möchten alle Nebel hier zerfließen,
Des Hierseins Stunden will ich still genießen.
Die alte Sonne steigt herauf und bald,
Bald werd' ich wieder heimisch sein zu Hause.
"Zu Hause", süßes Wort, wie mich's bewegt,
Als hätte Mutterhand sich lind gelegt
Auf dieses Herzens ungestüm Gebrause.
Was uns im Leben hebt und hemmt, der Sorgen
Und Freuden Maß, das unser Schicksal macht,
Es steigt nicht auf aus leeren Zufalls Nacht,
Es quillt hervor aus unsrer Jugend Morgen.
Was du auch dichtest, denkst in Leid und Glücke,
Erraffst, versäumst, wenn du im Abendschein
Nachdenklich fragst: "wo trat Geschick herein?"


Du siehst es schreiten auf der schmalen Brücke,
Die Alter von der Jugend trennt. Im Tale
Der Kindheit schon stehn deines Schicksals Male.
"Es ist ein jeder seines Glückes Schmied".
Halbwahres Wort, wie nicht der Siegerwille
Schon Sieger macht, vielmehr das Maß der Kraft.
Du erbst dein Teil, erbst Kaltsinn und Gemüt
Des Herzens Unrast und des Herzens Stille
Liegt in des Elterngeistes fester Haft.
Und Vater nicht und Mutter nur, die Ahnen
Aus fernster Zeit umgreifen deine Bahnen,
Sie lenken deine Wege mit, ja, nicht
Vom Meschen nur trägst du das Angesicht,
Das deine Seele zeigt: Berg, Wald und Heide,
Sie weben mit an deines Wesens Kleide. -
Ich hab' dich oft besungen, Heimatflur,
So vieles hab' ich dankbar eingesogen
Aus deiner Anmut, liebliche Natur.
Heut' kommen alle traumhaft hergezogen,
Die halb verblichen Schatten weiter Ferne.
Ein Kind am Abend seh' ich Bild um Bild,
Von ihrem bunten Zauber ganz erfüllt,
Gestalten einer magischen Laterne.

(Veröffentlicht in Heimatidylle, Kronbauer, Göttingen 1918.)

Die folgenden Bilder zeigen (vermutlich!) Johann Friedrich Jacob Fuldner (erste Aufnahme von 1899 in Göttingen), zweite Aufnahme in seinem Haus am Kasseler Tor 585 (später Nr. 6, heute Nr. 14) in Heiligenstadt, das Haus selbst (Aufnahme ca. 1908 +/- 9 Jahre) und schließlich das Grab von Johann Friedrich Jacob Fuldner in Heiligenstadt:

              

Die folgenden Bilder zeigen den Briefkopf von Johann Friedrich Jacob Fuldner und einen Artikel über ihn aus der Heiligenstädter Zeitung vom 15. Mai 1941 von Elisabeth Pradel (geb. Blumberg, vielleicht eine Tochter des Juristen Dr. Blumberg aus dem Nachbarhaus am Kasseler Tor 584?):

    

Bertha Johanna Wunsch (Mutter)

  • Geboren am 7. September 1839 in Heiligenstadt (als Tochter des Arztes Carl Anton Wunsch und Florentine von Kleist).
  • Verheiratet mit Johann Friedrich Jacob Fuldner.
  • Kinder: Friedrich Karl August (Fritz) (* 1860), Carl (* 1862), Heinrich (* 1865), Franz (* 1869), Johanna Rosalie (* 1872), Bertha (* 1875), Wilhelm (* 1879).
  • Gestorben am 24. Juni 1897 in Heiligenstadt.
Meine Mutter

Der Heimatkirchhof birgt der Mutter Grab,
Ein Rosenstrauch beschattet's mit den Zweigen.
Hier ließ ich rasten oft den Wanderstab
Und ruhte aus in andachtvollem Schweigen.
Denn Andacht ziemt der Mutter Ruhestatt.
Was ferne Ahnen dir auch Gutes gaben,
Wer dankte nicht die besten seiner Gaben
Der Mutter, die dich einst behütet hat,
Wie dich kein Engel besser hüten könnte,
Die alles, alles ihrem Kinde gönnte,
Die noch im tode dich gesegnet hat?
Des Heimatfriedhofs Frieden liegt umrauscht
Von eines Baches Sturz in Flesenspalten.
Es ist, als ob der bach noch Grüße tauscht
Mit denen, die hier letzten Schlummer halten.
Vernehmen sie den Wasserfall, der wilder
Und sanfter bald sein Lebensnaß versprüht,
Und wird ihr Schlummer sanfter noch und milder
Bei seines Rauschens ewgem Abendlied?
Und wenn ich, Mutter, deines Lebens Regung
Betrachte, deines Wirkens heitren Drang:
Mir scheint in seiner freudigen Bewegung
Sein Wellentanz dein rechter Schlummerfang.
In dir auch sprühte nimmermüdes Leben,
Aus reichen Schalen frohen Lebenssinns
Botst du in überfließend reichem Geben
Uns dar die Tropfen könstlichen Gewinns.
Nie ist ein Bettler unbeschenkt geblieben,
Der zu dir kam, du mildertest sein Leid,
Und nun gar deine Kinder, deine lieben,
Und ach, sie waren immer wusnchbereit.
Wo sieben hausen, gibt es siebzig Sorgen
An jedem Tag und manche Seufzernacht,
Doch deine sieben hast du sie verborgen
Und hast sie alle, alle froh gemacht.
Wenn einer weinte, klang dein köstlich Lachen:
"Was, Bub, verzagt sein, du ein künftger Held,
Ein einst'ger Siegfried, der bezwingt den Drachen?
Schaut so wie du jung Siegfried in die Welt?"
Bei solchem Klang verging uns schon das Grenen,
Die Muttersonne litt kein neblich Grau,
Ein strahlend Bild wardst, Mutter, du den Deinen,
Das Bild der besten, allerbesten Frau.
Abhold der Sucht des Krittelns und des Schmälens,
Du machtest uns mit einem Wort gesund,
Du, der die holde Gabe des Erzählens
Gegeben war wie keinem Dichtermund.
Erinnerung, gib noch einmal traute Kunde
Von all den lieben Mören frohgelaunt,
Durchschaure mich noch einmal, Dämmerstunde,
Mit lieber Rede, die dies Haus durchraunt.


Da saßen wir, durchwärmt vom Winterfeuer,
Vom Lampenschein umstrahlt, und lauschten oft
Auf deiner Jugend kleine Abenteuer,
Auf das, was du geliebt, erstrebt, erhofft
Und dann erreicht - nur manchmal leise, leise
Klang es herauf wie halberstickter Schmerz.
Ich seh' dich noch, wie du auf deine Weise,
Mit einem Lächeln, einem schnellen Scherz
Die Hand erhebend, sprachst: "Nur keine Grillen".
Und übermütig lachtest wie ein Kind.
Was trägt ein Herz nicht um der Liebe willen?
Durch Mutterliebe sind wir, was wir sind.
Dein Haus dein Stolz. Wie blinkten seine Wände,
Kein Stäubchen lag auf seinen vollen Truhn,
Wie regten sich die flinken Mutterhände,
Voll Ordnung war dein Denken und dein Tun.
Dein Gärtchen slbstgepflegt, wo du uns labend
Bereitet manches kleine Göttermahl
Am Tisch voll Blumen, wenn der stille Abend
Herniederstieg ins traute Heimattal.
Und wer wie du empfand so reine Wonne
In Waldesruh, auf holder Heimatflur,
Wie liebtest du die goldne Gottessonne,
Den Frieden still beglückender Natur.
Wir saßen einst - ich weiß es noch wie heute -
Allein wir beide hoch am Bergeshang,
Vom Tal herauf dranf Morgengrußgeläute
Und alles war voll Freude, Glück und Klang,
So ganz umschmiegt von Frieden das Gelände,
Nie hatt' ich schöner unser Tal gesehn,
Da faltetest in Andacht du die Hände
Und Tränen sah ich dir im Auge stehn.
Und als ich fragte, welch' ein Leid und Wähnen
Dir dieser stillen Stunde Glück vergällt,
Du sprachst : "Laß sie nur fließen, diese Tränen,
Ich weine um die Schönheit dieser Welt".
Es war ein erstes Zagen und ein Ahnen,
Daß deines reichen Lebens vollen Bahnen
Zu früh beschieden sei ein letztes Ziel,
Zu früh auch uns dein letztes Ziel beschieden.
Und lausch' ich auf des Heimatkirchhofs Frieden
Der alten Wasser dunklem Wellenspiel,
Und flüstert's in des Rosenbusches Zweigen,
Der über deinem Grabe Wache hält,
Gedenk' ich jener Worte tief und eigen:
"Ich weine um die Schönheit dieser Welt".

(Veröffentlicht in Heimatidylle, Kronbauer, Göttingen 1918.)

Über die Kinder der Familie Fuldner ist folgendes bekannt:
  1. Friedrich Karl August (Fritz) (* 1860), siehe oben.
  2. Carl Fuldner (* 1862) war Sudirector in Kassel,
  3. Heinrich Fuldner (* 1865) war Bankrat in Berlin (lebte noch 1948 in Worbis),
  4. Franz Fuldner (* 1869) war Apotheker erst in Minden und etwa um 1913 gründete er die Elisabethapotheke in Hannover, Königstraße 48,
  5. Johanna Rosalie Fuldner (* 1872) heiratete den Architekten und Baustoffhändler Wilhelm Denner und lebte in Kassel,
  6. Bertha Fuldner (* 1875) heiratete den Händler und Wunderkerzen-Fabrikanten August Weinrich und lebte in Berlin,
  7. Wilhelm Fuldner (* 1879) lebte als Kaufmann in Hannover.

Christoph Gottlieb Fuldner (Großvater)

  • Geboren am 22.3.1771 in Seligenthal bei Schmalkalden (als Sohn des Kantors Christoph Gottlieb Fuldner und und seiner Ehefrau Johanna Catharina Hildenbrandt).
  • Berufstätigkeit als Obergrenzcontroleur.
  • Verheiratet mit Anna Elisabeth Moneke.
  • Gestorben am 8.4.1839 in Heiligenstadt, beerdigt am 11.4.1839 in Großtöpfer.
Der Großvater

Der Vater meines Vaters. Was ich fand
Kurz über ihn: er war ein Musikant.
Er starb längst eh' ich ward. In Lebensnöte
Kam er wohl oft. Kaum ein Erinnerungsstück
Ließ, wie es scheint, er in der Welt zurück.
Doch ja, sein Künstlerwerkzeug, seine Flöte.
Wär' es ein Becher von getrieb'nem Gold,
Das alte Erbstück, wär's ein Silberschatz,
Ich wär' ihm nicht wie dieser Flöte hold
Und gönnt' ihm keinen bessern Ehrenplatz.
Musik, du holde, die ich früh empfand
Mit voller Seele als das reine Land,
In dem ein Himmel wohnt, wer schenkte mir
Den goldnen Schlüssel zu der Himmelstür?
Du, Ahne, warst es im Herüberreichen
Aus andern Himmeln solches Liebeszeichen.
Von dir erwarb ich dieses eine Schöne,
Die hohe Lust der Saiten und der Töne.
Mein Vater nahm in seltnen Feierstunden
Aus alter Truhe ein vergilbt Papier.
Es war mit blauem Seidenband umwunden.
Er sprach: "Es ist ein Dokument, das mir
Mein Vater gab, es war sein größter Stolz,
Und solches Amulet, in Ehren soll's
Verwahrt sein; keine Zeilen so wie diese
Verwahrt sie treuer. Denn dies Brieflein schrieb
An euren Ahn die Frau, die heilig euch und lieb,
Schrieb weiland Preußens Königin Luise.
Es war die schlimme Zeit der großen Not,
Die edle schöne Fürstin trug den Tod
Im Herzen schon, verhärmt und halb verbannt
Fuhr sie mit ihren Kindern durch das Land.


Und eines Abends müd' und leidbeschwert
War sie in unser Städtchen eingekehrt
Zu kurzer Nachtrast, wie's die Tafel lehrt
Am Rathaus noch. Es war im Maienmond.
Das Zimmer, das die Königin bewohnt,
Geht nach dem Marktplatz mit den alten Linden.
Der Mond ging sanft durch Wolken und so sacht
Wie er ging durch des Maien Zaubernacht
Ein Mann, den Künstlerehrgeiz kühn gemacht,
Gehör vor seiner Königin zu finden.
Die Flöte sezt' er an den Mund und blies,
Blies Melodien schmeichelnd, sanft und süß
Und Trostes voll. Sein ganzes Künstlertum
Legt er der schönen Königin zum Ruhm
In Ehrfurcht, Liebe, Treu' in seine Töne.
Und sie, die lauschende, die leidvoll edle schöne,
Verstand sein Lied. Da Morgens sie erfuhr
Den Namen ihres treuen Troubadour,
- Wer kannt' ihn nicht? - ließ sie als dankbar Zeichen
Ihm durch das Haupt der Stadt dies Briefchen überreichen.
Fünf Worte nur, doch fünf von ihrer Hand.
Oft sah ich ihn, wenn er, sie lesend, stand
Wie ein Verzückter, der im Paradiese:
"Dankbar des Künstlers Huldigung. Luise."
Glück war in seinem Leben karg und rar,
Doch dieser beste, schönste seiner Tage
Gab Antwort ihm auf seine bange Frage:
Jetzt wußte er, daß er ein Künstler war.

(Veröffentlicht in Heimatidylle, Kronbauer, Göttingen 1918.)

Preußens Monarchin Königin Luise, die Frau von König Friedrich Wilhelm III., besuchte Heiligenstadt inkognito spät in der Nacht von Dienstag, dem 14. Oktober auf den 15. Oktober 1806. Nach Aussage von Georg H. Daub (Biographische Skizze Fritz Fuldner von Georg H. Daub, Unser Eichsfeld, XIII. Jahrgang, 1. u. 2. Viertelsjahrheft, 1918, Seiten 19–25) wohnte sie im "Preußischen Hof", damals ein Hotel in der heutigen Wilhelmstraße 43. Das folgende Foto zeigt das Haus in der Wilhelmstrasse 43 in Heiligenstadt (Aufnahme von 2019):


Anna Elisabeth Moneke (Großmutter)

  • Geboren am 25. April 1809 in Heiligenstadt (als Tochter von Konrad Moneke und Anna Magarethe Eva Ammer).
  • Verheiratet mit Christoph Gottlieb Fuldner.
  • Gestorben am 18. Oktober 1847 in Heiligenstadt.
Das folgende Foto zeigt das Wohnhaus der Familie Moneke (gemäß Feuer Societaets Catstrum des Jahres 1819 eingetragen auf Conrad Monecke) in der Windischen Gasse 72/74 (Haus 186) in Heiligenstadt (Aufnahme von 2019):


Carl Anton Wunsch (Großvater)

  • Geboren am 17. April 1790 in Heiligenstadt (als Sohn des Oeconomen Anton Wunsch und seiner Ehefrau Margarethe Opfermann oder Oppermann).
  • Ab 1801 Gymnasium in Heiligenstadt, ab 1809 Studium der Medizin in Göttingen.
  • Medizinisch-chirurgische Examen in Kassel.
  • Regimentsarzt in Westphalen, danach Leitung eines preußischen Krankenhauses in Mühlhausen.
  • Kreischirurg in Heiligenstadt.
  • 1819 Dissertation bei dem Psychiater Johann Gottfried Langermann in Berlin.
  • Heirat mit Florentina Magdalena von Kleist am 3. Januar 1827 in Bekum.
  • Gestorben am 7. Juli 1853 in Heiligenstadt, beerdigt ebendort am 8. Juli 1853.
Weitere Informationen zu seinem Lebenslauf finden sich auf seiner Wikipedia-Seite. Informationen zur Tätigkeit von Carl Anton Wunsch als Arzt und Kreisphysikus findet man in:
  • Maria Kramann, Die Entwicklung des Gesundheitswesens auf dem Eichsfeld in den letzten vier Jahrhunderten, Cordier Verlag, Heiligenstadt 1966. (Auszüge C.A. Wunsch betreffend.)
Das Wohnhaus der Familie Wunsch (gemäß Feuer Societaets Catstrum des Jahres 1819 eingetragen auf Anton Wunsch) befand sich in der Lindenallee, Ecke Altstädter Kirchgasse (Haus 444) in Heiligenstadt.

Florentina Magdalena von Kleist (Großmutter)

  • Geboren am 2. Februar 1806 in Salzkotten bei Paderborn (als Tochter des Rittmeisters Friedrich August Clemens von Kleist (1786-1859) und seiner Ehefrau Josepha Allard (1774-1851)).
  • Heirat mit Carl Anton Wunsch (Kreisphysikus in Heiligenstadt) am 3. Januar 1827 in Bekum.
  • Gestorben am 5. Juli 1877 in Heiligenstadt, beerdigt ebendort am 8. Juli 1877.
Großmutter Kleist

Die Mutter meiner Mutter. Märchenland
Der Kindheit, drinnen Mutters Mutter stand
Im Silberhaar mit weichen güt'gen Händen.
Im Alterstübchen Bilder an den Wänden
Von Männern, Fraun mit vornehm stolzen Mienen.
Und eines Knaben Bild, eines unter ihnen,
Merkwürdig Antlitz: Güte, Leidenschaft
Und edles Zürnen und Titanenkraft
Und Phantasie und Träume vielgestaltig.
Ein seltsam Bild, es zog mich allgewaltig
In seine Näh'. Großmutter sprach: "Mein Kind,
Der Größte ist's von denen, die hier sind,
Doch auch der unglücklichste. Dereinst
Kommt deine Zeit, wo du sein Loos beweinst
Und doch beneidest, wie mit hohem Sinn
Das Lied er sang von Preußens Königin
Und Heilbronns Kätchen und die Hermannsschlacht:
Heinrich von Kleist. Für jetzt sei Dir's genug."
Oft hab' ich ihren Worten nachgedacht.
Kleist war der Name, den sie selber trug
Als Mädchennamen. Seltsam war ihr Los:
Das Edelfräulein, das im engen Schoß
Des Bürgertums gefunden seinen Freier
Im kleinen Nest fern ihrer Jugendbahn.
Erst schien es nur ein Reiseabenteuer
Und ward dann ihres Lebens Schlußroman.
Mit seiner Tochter kehrt beim Abendschein
Ein Junker in das stille Städtchen ein.
Man reiste anders als man heute reist:
Das Baroneßchen ritt wie Vater Kleist,
Sie ritt ein weißes Rößlein, das sonst klug
Und stolz und sicher seine Herrin trug.
War’s eine Kinderschar, war’s ein Gesicht,
Das seine Ruh gestört – ich weiß es nicht –,
Am Markt beim Brunnen, wo mit ernstem Gruß
Neptun winkt mit seinem Dreizack, stieg’s zum Himmel,
Es strauchelt, fällt, und unter seinem Schimmel,
Lag’s Baroneßchen mit gebrochnem Fuß.
Ein harter Fall. Der Gasthof nimmt sie auf.
Man schickt zum Arzt. Er kommt im eil’gen Lauf,
Ein junger Arzt noch, hübsch mit krausem Haar,
– Sein Bild, das ich besitze, zeigt ihn klar –
Das Fräulein wimmert. Ihren kleinen Schuh
Trennt er vom Fuß und prüft sein ärtzlich Können:
„Ein schlimmer Bruch. Hier hilft nur Schonung, Ruh.“
„Dir Ruhe“ poltert Kleist, „die wollt' ich ihr schon gönnen,
Doch, Herr, wir haben’s eilig, als Kurier
In Königs Diensten bin ich heute hier
Und morgen muß ich weiter. Schnell, schafft Rat.“
Der Doktor lächelt fein: „Ja, in der Tat,
Der Herr Kurier verlangt ein schnell Kurieren,
Doch darf selbst er nicht die Gedult verlieren.“
Kleist stutzt und blickt den Doktor strafend an:
„Herr, keine Witze, wenn ich bitten darf.“
Doch auch des Doktors Auge blitzt jetzt scharf
Den anderen an: „Ich tue, was ich kann.
Gefällt mein Rat euch nicht“ – Doch bittend fliegt
Ein Blick aus Leonorens Augen,
Der leise sagt: „Wie wenig Männer taugen,
Sich zu verständigen, wenn Stolz Vernunft besiegt.“


Der Doktor stockt und schweigt und waltet seines Amtes.
Das Fräulein wird zu Bett gebracht. Er geht.
Doch kommt er wieder, und sie sitzen spät
Beim Weine noch der Doktor und der Kleist.
Im guten Weine wohnt ein guter Geist.
Sie sind versöhnt. Wenn auch manch „gottverdammtes
Verhextes Abenteuer" Kleist entschlüpft,
Die eine Sorge hat sie bald verknüpft.
Beschlossen ist's. Er reist am andren Morgen
Und läßt sein Kind in Doktors Schutz geborgen
Und dessen Schwester, die das Haus ihm führt.
Es kam, wie's kommen sollte: Heimgeführt
Hat bald der junge Arzt sein junges Weib.
Und niemals fehlt es ihr an Zeitvertreib.
Denn aus der „Mesalliance“, die selbst sie nie empfunden,
Entsprossen viele Kinder und viel Heil.
Das alte Glück war Inhalt ihrer Stunden
Wunschlos zuletzt im stillen Altenteil.
Dort war ich meist ihr Gast, ihr Schmeichelgast,
Wie sie mich nannte. Was ich dann und wann
Im spätren Leben Schönes mir ersann
Und dies und das in Reim und Lied gefaßt,
Es wallt zurück zumeist zu jener Quelle.
Ihr dank' ich's, dass des Lebens rauhe Welle
Mich nie verschlug an allzu öden Strand,
Dass ich am starren Felsen Blumen fand
Und reichen Perlenglanz im dürren Sand.
Zwar, was von Ruhm ich träumte, war nur Traum,
Doch was ich mir im Innersten erdichtet,
Die Blicke zu den Sternen aufgerichtet,
Mir selber ward es mehr als Traum und Schaum.
Wie wertlos dünkte mich dies Erdenwehn,
Wie hätt' ich manches Erdenleid ertragen,
Manch derben Trank, manch schmerzliches Entsagen,
Wärst du, o Muse, leuchtend nicht und schön
Noch heut' das Glück von meinen Erdentagen.
Der Garten, den der Tau der Dichtung tränkt,
Der mir gehört, fast ganz der Welt verschlossen,
Großmutter hat das erste Reis gesenkt
In seinen Schoß in Tagen längst verflossen.
Sie führte mich mit kund'ger Führerhand
In der Romantik altes Zauberland,
Sie kannte all die schönen Wundergaben.
Ihr feiner Geist, der alles überschaute,
Was Dichter Herrliches gesungen haben,
Gab gern es wieder ihrem lieben Knaben,
Der horchend saß, und wenn sie erst zur Laute
Die Lieder sang aus alten Biederzeiten:
Ach, sel'ge Bilder, die vorübergleiten
Mit Aeolsharfenton aus weiter Ferne,
Die zart'sten meiner magischen Laterne.
Wie hast du, Heimat, ganz mich heimgeführt,
Großmutters Hand hat lind mein Haupt berührt,
Und über mir stehn alle Jugendsterne.

(Veröffentlicht in Heimatidylle, Kronbauer, Göttingen 1918.)

Florentina von Kleist gehörte zum katholischen Zweig der Familie von Kleist und war eine Ururenkeltochter des kurkölnischen Generalleutnants Ewald von Kleist (1667–1764) und seiner Ehefrau Maria Anna, geborene Freiin von Manteuffel. Daraus ergibt sich auch die Verwandtschaftsbeziehung zu dem Dichter Heinrich von Kleist (1777-1811). Dessen Ur x 8-Großeltern Henning von Kleist (* vor 1376) und Margarethe von Wedelstädt (um 1376-1440) waren zugleich auch die Ur x 8-Großeltern von Clemens von Kleist (1747-1791), dem Großvater von Florentina von Kleists. D.h. Clemens von Kleist und Heinrich von Kleist waren Cousins 9ten Grades. Das folgende Foto zeigt den Neptun-Brunnen in Heiligenstadt (Aufnahme von 2019):


Ahnen und Nachfahren von Fritz Fuldner


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